Madsen fordert Tempo
Älter als 7 Tage

Deutschland und Dänemark auf dem Weg zur Fehmarnquerung

Während am Fehmarnbelt-Tunnel gebaut wird, soll der eigentliche Bau der Sundverbindung 2026 beginnen. Doch wie sieht es auf der dänischen Baustelle aus? Und wie werden die Tunnelelemente gefertigt?
Erstes Tunnelsegment für den Ostseetunnel
Erstes Tunnelsegment für den Ostseetunnel, © Femern A/S
Verwandte Themen
Drei riesige Hallen ragen im dänischen Rödbyhavn in den Himmel und wirken im Vergleich zu der Baustelle, auf der sie errichtet wurden, doch winzig. In ihnen werden die Tunnelelemente für den Fehmarnbelt-Tunnel gefertigt. Zusammen nehmen die Fabrik sowie der vorgelagerte Arbeitshafen nach Angaben des für den Bau zuständigen Unternehmens Femern A/S eine Fläche von etwa 310 Fußballfeldern ein - es ist Europas größte Baustelle.

Anfang Mai wurde das erste Betonelement für den Tunnel unter der Ostsee fertiggestellt. Noch 88 dieser mächtigen Kolosse sollen folgen. In ihnen sind insgesamt fünf Röhren untergebracht: zwei für jeweils eine doppelspurige Autobahn, zwei Röhren für elektrifizierte Bahngleise sowie eine Wartungsgalerie. Ab 2029 sollen Autos und Züge unter der Ostsee zwischen der deutschen Insel Fehmarn und der 18 Kilometer entfernten dänischen Insel Lolland hin und her fahren. Der dafür notwendige Tunnelgraben am Meeresboden sei schon ausgehoben worden, sagte der Projektdirektor von Femern A/S, Gerhard Cordes. 

Wo und wie werden die Tunnelelemente eigentlich zusammengebaut?

Die Tunnelelemente werden auf insgesamt sechs Produktionslinien gefertigt. Fünf dieser Linien befinden sich in den Fabrikhallen. Auf ihnen werden 79 sogenannte Standardelemente gefertigt. Diese sind jeweils 217 Meter lang und 73 000 Tonnen schwer. Eine einzelne Linie für zehn kürzere Spezialelemente, in denen sich in einem Untergeschoss die Elektrik für den Tunnel befindet, liegt neben den Hallen unter freiem Himmel. 

Ein Standardelement setzt sich aus neun Segmenten zusammen. Zunächst werden diese einzelnen Tunnelabschnitte als knapp 25 Meter lange Stahlkonstruktion gefertigt und dann per hydraulischer Presse in einen vorderen Fabrikabschnitt geschoben. Im nächsten Schritt betonieren Arbeiter den Angaben zufolge die Abschnitte. Dabei müsse darauf geachtet werden, dass der Beton das Stahlskelett vollständig umschließe und der Betoniervorgang nicht unterbrochen werde. Das sei wichtig, um Fugen zu vermeiden, erklärte Cordes.

Sobald ein Segment fertig betoniert und ausgehärtet ist, wird es nach vorn geschoben und das nächste Segment betoniert – bis schließlich neun Abschnitte fertig sind, die dann verbunden werden. Ab dem fünften Segment schauen die Elemente dabei aus der Halle heraus – bis schließlich ein 217 Meter langes Element vor der Fabrik liegt. 

Bevor ein Element mit wasser- und luftdichten Stahlschotten verschlossen werde, werde ein Teil der Ausstattung, die später im fertigen Tunnel benötigt wird, eingebaut. Das spare später Zeit und reduziere die logistischen Herausforderungen für die Arbeiten im abgesenkten Tunnel, sagte Cordes. Danach könne das Element über Becken, die wie eine Schleuse geflutet werden können, und den Arbeitshafen Richtung Fehmarnbelt transportiert werden. 

Sind die Elemente erst mal im Meer, würden sie mit Schleppern an die gewünschte Position gezogen, abgesenkt und mit dem vorherigen Tunnelabschnitt verbunden. Der Tunnel werde von deutscher sowie dänischer Seite gleichmäßig gebaut und in der Mitte des Fehmarnbelts verbunden, heißt es. Das erste Tunnelelement werde auf der dänischen Seite abgesenkt und mit dem dänischen Portal verbunden.

 

Baggerarbeiten für den Fehmarnbelttunnel, © Femern A/S
 

Während auf der dänischen Baustelle etwa 2000 Arbeiterinnen und Arbeiter für Tatsachen sorgen, ist man auf deutscher Seite bisher nicht so weit. Für den Bau des Fehmarnsund-Tunnels, der die Insel Fehmarn und das deutsche Festland verbinden soll, befinde man sich noch in der Planungsphase, sagte ein Sprecher der Deutschen Bahn. 

Zwar seien erste Gutachten erstellt und erste Bohrungen vorgenommen worden. Es sei auch der Baugrund begutachtet worden, doch müsse zunächst die Planung fertiggestellt und der sogenannte Planfeststellungsbeschluss ausgestellt werden. Im Jahr 2026 könne dann der eigentliche Bau des knapp zwei Kilometer langen Tunnels beginnen.

Um die Tunnelelemente für den Fehmarnsund-Tunnel herzustellen, soll laut Bahnsprecher eine Fabrik im Rampenbereich des Tunnels auf Großenbroder Seite gebaut werden. Die Elemente im dänischen Lolland herstellen zu lassen, ginge nicht, da die Produktion frühestens 2027 beginnen könne und auf deutsche Normen umgestellt werden müsse. Für den Transport auf dem Wasserweg müsste eine durchgängige Meerestiefe von mindestens 8,35 Metern herrschen. Der Fehmarnsund sei allerdings an einigen Stellen nur sechs Meter tief und obendrein Naturschutzgebiet.

Verkehrsminister Madsen fordert Tempo

Abseits der Arbeiten vor Ort hat Schleswig-Holsteins Verkehrsminister Claus Ruhe Madsen Tempo beim Bau des Fehmarnsund-Tunnels angemahnt. Alle Beteiligten seien gefordert, ihr Möglichstes für die Inbetriebnahme im Jahr 2029 zu tun, sagte der CDU-Politiker der Deutschen Presse-Agentur. Eine Verzögerung des Projektes würde zu einer deutlichen Verteuerung führen - bei einem Milliardenprojekt und zehn Prozent Baukostensteigerung pro Jahr handele es sich um dreistellige Millionensummen.

Madsen geht aber fest davon aus, dass der Bund und die Bahn-Tochtergesellschaft DB Infrago ihren Verpflichtungen aus dem mit Dänemark geschlossenen Staatsvertrag nachkommen werden. Alles andere wäre den dänischen Partnern nicht vermittelbar, weil sie den wesentlich komplexeren "Löwenanteil" des Projektes stemmten. 

Die Mitglieder des Fehmarnbelt Business Council (FBBC) hatten Anfang Mai davor gewarnt, dass die geplante Fertigstellung der Anbindung auf der deutschen Seite des Fehmarnbelt-Querung bis 2029 nicht gesichert sei. Daher erwarte die Wirtschaft eine belastbare Zusage für den Fertigstellungstermin des Fehmarnsund-Tunnels und der Hinterlandanbindung. Der FBBC ist ein Zusammenschluss aus deutschen, dänischen und schwedischen Kammern und Wirtschaftsverbänden.
© Felix Müschen, dpa / schiene.de | Abb.: Femern A/S | 25.05.2024 05:26

Es gibt neue
Nachrichten bei schiene.de

Startseite neu laden