
Abfahrtstafel in der Empfangshalle des Bahnhofs Münster (Westf) Hauptbahnhof, © Deutsche Bahn AG / Axel Hartmann Fotografie (Symbolbild)
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Die Bahn veröffentlicht monatlich, wie viele Halte mit weniger als sechs Minuten Verspätung erreicht wurden (im August 63,4 Prozent im Fernverkehr). Daraus lässt sich aber nicht schließen, wie oft Anschlüsse verpasst wurden oder Züge komplett ausgefallen sind. Die Reisendenpünktlichkeit kommt daher dem tatsächlichen Reisegefühl der Fahrgäste näher, weil auch ein verpasster Anschluss die Statistik beeinflusst. Sie wird ebenfalls von der Bahn erfasst, aber nicht regelmäßig veröffentlicht.
Überlastete Infrastruktur bei Pünktlichkeitsproblemen im Fokus
Die Bahn steht seit Monaten wegen der schlechten Pünktlichkeitswerte in der Kritik. 2022 stürzten die Werte ab, unter anderem weil viele Baustellen den Verkehr beeinträchtigten. Die Bahn-Infrastruktur gilt als marode und wurde in den vergangenen Jahren kaum erneuert, gleichzeitig stieg aber der Bedarf an Zugverkehr. Auf dem bestehenden Netz gibt es kaum Kapazitäten für weitere Züge.
Das zeigt sich auch in den Ursachen für die Verspätungen. Laut der Ministeriumsantwort lassen sich 60,9 Prozent der "Verspätungsereignisse" zwischen Januar und Juli 2023 auf "belastungsbedingte Verspätungen" zurückführen - im Vergleich zu 46,4 Prozent im Jahr 2015. Zu dieser Art der Verspätungen gehören insbesondere Zugfolgekonflikte. Weil die Bahn in den 1990er Jahren viele Schienen und Weichen abgebaut hat, können sich die Züge an vielen Stellen im Netz nicht überholen.
"Die vielen betroffenen Fahrgäste leiden also unter einer Infrastruktur, die eine zunehmende Zahl an Zügen nicht mehr bewältigen kann", sagt dazu Matthias Gastel, bahnpolitischer Sprecher der Grünen im Bundestag. " Angebotssteigerungen sind aktuell nur noch begrenzt möglich. Gerade im Nah- und Personenverkehr können bessere Angebote erst dann kommen, wenn zusätzliche Infrastruktur fertiggestellt wird", sagte Gastel. Es liege im Interesse der Fahrgäste, dass nicht nur mehr saniert und ausgebaut, sondern auch neu gebaut werde.
Die Bahn plant für die nächsten Jahre zahlreiche Generalsanierungen auf besonders wichtigen Strecken. So soll die Pünktlichkeit verbessert und durch neuere Bahntechnik die Kapazität des Netzes erhöht werden. Der Neubau spielt zunächst eine untergeordnete Rolle.
© dpa | Abb.: Deutsche Bahn AG / Axel Hartmann Fotografie (Symbolbild) | 15.09.2023 05:54