3. Jahrestag
Vor 2 Tagen

Garmischer Zugunglück von 2022: BEU legt Details vor

Fünf Menschen starben vor drei Jahren beim Zugunglück von Garmisch-Partenkirchen. Die strafrechtliche Aufarbeitung steht weiter aus - zur Unglücksursache gibt es nun aber einen Abschlussbericht.
Zugunglück in Garmisch-Partenkirchen
Zugunglück in Garmisch-Partenkirchen, © FFW Partenkirchen (Archiv)

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Ein unzulängliches Instandhaltungsmanagement für Bahnschwellen, aber auch bahninterne Kommunikationsdefizite haben das tödliche Zugunglück von Garmisch-Partenkirchen mit bedingt. Zu diesem Ergebnis kommt die Bundesstelle für Eisenbahnunfalluntersuchung (BEU) in ihrem mehr als 100-seitigen Abschlussbericht, den sie am dritten Jahrestag des Unglücks veröffentlichte.

Unter anderem war demnach eine Meldung eines Triebwagenführers über ein Problem an der späteren Unfallstelle nicht weitergegeben worden. Die BEU moniert jedoch vor allem, dass die Aufsicht über die Instandhaltung älterer Schwellen damals nicht hinreichend funktionierte.

Am 3. Juni 2022, dem letzten Schultag vor den Pfingstferien, war gegen Mittag bei Garmisch-Partenkirchen ein Regionalzug entgleist. Vier Frauen und ein 13-Jähriger starben. 78 Menschen wurden laut BEU verletzt, 16 von ihnen schwer. Eine strafrechtliche Aufarbeitung steht noch aus. Zwei Bahnmitarbeiter sind wegen fahrlässiger Tötung und fahrlässiger Körperverletzung angeklagt. Einen Termin für den Prozess gibt es bisher nicht. Seit dem Unglück hat die Deutsche Bahn (DB) diverse Maßnahmen eingeleitet und mehr als 1,7 Millionen Schwellen ausgetauscht.

Schäden von außen nicht sichtbar

Bereits in ihren beiden Zwischenberichten war die BEU zu dem Schluss gekommen, dass marode Bahnschwellen die wesentliche Ursache des Unglücks waren. Ein angepasstes Verfahren zum Erkennen der durch chemische Prozesse verursachten inneren Schädigungen an älteren Schwellen hätte das Ereignis aller Wahrscheinlichkeit nach verhindert, heißt es nun in dem neuen Bericht. Denn nur durch Augenschein von außen waren innere Risse nicht feststellbar.

Die Probleme an älteren Schwellen waren bekannt. Über die Jahre wurden immer wieder Schwellen ausgewechselt. So gab es in dem Streckenabschnitt eine Vielzahl verschiedener Spannbetonschwellen diverser Hersteller mit unterschiedlichen Produktionsjahren. Weitere schadhafte Schwellen waren zum Austausch vorgemerkt, es fanden bereits Baumaßnahmen statt. Ob aufgrund dessen schon zum Unglückszeitpunkt eine Langsamfahrstelle hätte eingerichtet werden können oder sollen, blieb in dem Bericht offen.

Meldung blieb folgenlos

Außerdem mangelte es offensichtlich an einer eindeutigen Ausdrucksweise zur Benennung von Problemen und daraus resultierend klaren einzuleitenden Maßnahmen. Noch am Vorabend des Unglücks hatte ein Triebwagenführer sich beim Fahrdienstleiter gemeldet und von Unregelmäßigkeiten an der späteren Unfallstelle berichtet.

Er sprach von einer "Kurvenüberhöhung", es sei ein "Schlenker" drin. "Da hüpft der Zug richtig, also irgendwie müsste da mal einer schauen, ob da vielleicht ein Gleisfehler ist" gab er in bairischem Dialekt an den Fahrdienstleiter durch. Dieser antwortete, er gebe das weiter. Das geschah nicht. Danach passierten Züge die Stelle, ohne dass es erneute Meldungen gab.

"Ob die Meldung "Schlenker" oder "Ruck" in Verbindung mit "Gleislagefehler" durch den Fahrdienstleiter als "Mangel am Oberbau" zu werten war, blieb im Interpretationsspielraum des Mitarbeiters", schreibt die BEU. Es habe der Wortlaut "Schlag verspürt" gefehlt, auch wenn der Triebwagenführer sich vermutlich auf eine solche Situation bezogen habe. Dann wäre laut BEU zumindest eine unverzügliche Weitergabe der Meldung an die für die Veranlassung von Maßnahmen zuständige Stelle erforderlich gewesen.

Gab es einen Interessenkonflikt für den Bahnmitarbeiter?

Für eine Streckensperrung wiederum hätte der Mitarbeiter sicher sein müssen, dass ein Mangel am Oberbau real vorhanden war, um unnötige Sperrungen zu vermeiden. Ein Interessenkonflikt, da er grundsätzlich in seiner Rolle ein unternehmerisches Interesse zur Aufrechterhaltung des Betriebes zu vertreten hatte.

Gegebenenfalls hätte die Weitergabe der Meldung zu einem anderen Ablauf der Geschehnisse geführt, schreibt die BEU. Sie stuft dies dennoch aufgrund anderer Einflüsse nicht als unmittelbar für den Unfall relevant ein. Die BEU befasste sich ausdrücklich nicht mit möglichen Versäumnissen einzelner Mitarbeiter.

Bahn reagiert mit strukturellen Maßnahmen

Die Bahn unterstrich, es seien bereits zahlreiche Maßnahmen umgesetzt worden, um die Sicherheit des Bahnverkehrs zu gewährleisten. Neben dem Auswechseln von Schwellen habe das Unternehmen einen Kreis interner und externer Experten eingerichtet, um weitere präventive Maßnahmen zur Instandhaltung von Schwellen zu prüfen. Die Regularien zur Überwachung wurden fortlaufend verschärft, es gelten strengere Kriterien zur Klassifizierung schadhafter Schwellen.

Zudem fänden laufend Schulungs- und Sensibilisierungsmaßnahmen statt, um das Bewusstsein für Risiken zu stärken. Weitere Verbesserungen der Organisation und Prozesse der Instandhaltung würden derzeit erarbeitet und umgesetzt. Angehörigen und Betroffenen des Unglücks sprach die Bahn erneut ihr Mitgefühl aus.

4,75 Millionen Euro Schaden 

Der Regionalzug war kurz nach 12.00 Uhr in einer Kurve entgleist. Die dort verbauten Spannbetonschwellen gaben nach, es kam laut BEU zu einer Spurerweiterung und zur Entgleisung. An Fahrzeugen und Infrastruktur entstand ein Schaden von geschätzt 4,75 Millionen Euro. Der Streckenabschnitt war monatelang gesperrt.
© Sabine Dobel, dpa | Abb.: FFW Partenkirchen (Archiv) | 03.06.2025 14:24

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